Plattenbesprechungen

Selofan: Selofan (MC, 2013 Vocoder Tapes)

Nein, ich bin nicht so nostalgisch, daß bei mir Freude aufkommt, wenn ich an Tapes denke. Dies änderte sich jedoch kürzlich. Grund dafür sind diverse Labels, die ein Tape nach dem nächsten veröffentlichen, daß man teilweise schon gar nicht mehr hinterher kommt. Auf das Selofan Tape wurde ich zum Glück per oben genannten Link rechtzeitig hingewiesen (Herrn Poeller sei gedankt). So begann ich mir diese bisher unbekannten Selofan anzuhören.
Bei dem zweiten Track namens 'Error' war mein Finger auf dem 'buy now' Button. Beim 6. Track 'Love is a mental suicide' schrieb ich eine 'Danke für den Link'-Email, in der so etwas stand wie 'DIESES LIED!'. 'Love is a mental suicide, so why such tenderness?' Das beschreibt doch haargenau meine romantische Vorstellung von Liebe *g*. Der Basslauf in dem Song macht mich im positiven Sinn verrückt. Wenn ich diesen Track im Auto höre, muß ich aufpassen, daß ich nicht in Hypnose gerate.
Um auch Selofan in eine Schublade zu packen: El Aviador Dro trifft auf Flash Cero plus X minus Y.
Die Tracks, die Herr Selofan (mit)singt, sind die, die mich an El Aviador Dro bzw. Flash Cero denken lassen: 'Fosforizo', 'Error' und 'Time'. Das X ist für mich in diesem Fall die Stimme der Sängerin. Wer sich diese Seite hier durchgelesen hat, weiß, daß ich mit Frauenstimmen Schwierigkeiten habe und das hat sich auch in den 10 Jahren nicht geändert. Aber diese Stimme ist so eigenartig und speziell, daß ich sie mehr als gut finde.
Minus Y bedeutet in dem Fall für mich, daß die Musik von Selofan zwar melodiös, aber nicht allzu poppig-verspielt ist. Soll heißen, daß ich bei keinem der Tracks dachte 'weniger ist mehr'. Erwähnen möchte ich noch die absolut geniale Sirene des Tracks 'Verboten', der zu Beginn ab und an mal geskippt wurde, der sich dann aber doch noch zum Mitfavoriten entwickelte, die Tatsache, daß es hier Wechselgesang zwischen Frau und Mann gibt und in einigen Tracks deutsch gesungen wird. Da stehe ich doch drauf ;)
Für mich hat diese Band alles richtig gemacht. Ich leider nicht. Die 7" Veröffentlichung von 'Shoot your gun/Gummiwände' beim Kernkrach-Label habe ich leider verpennt. Wenn ich mich richtig an die Worte von Jörg erinnere, war sie aber auch schon nach 2 ausverkauft. Auch wenn das Tape und die Single mittlerweile ausverkauft sind, weiterhin anhören kann man sich die Tracks und ich könnte mir gut vorstellen, daß dieses tape (vielleicht als Platte?) rereleased wird. Außerdem wäre ich dankbar, wenn diese Band noch in diesem Jahr in erreichbarer Nähe live auftreten würde.

Anspieltipps: Love is a mental suicide, Verboten, A Whimper, Alone

Links:
Vocoder Tapes
Discogs
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Soundcloud

Lebanon Hanover: Why Not Just Be Solo (LP, 2012 Fabrika Records)

Könnte ich die Zeit zurückdrehen, würde ich gerne die Position dieser Platte in meinen Top 5 des Jahres 2012 ändern. Ich wußte zwar bereits beim ersten Hören, daß ich diese Platte super finde, aber daß sie sich so bei mir festbeißt, daß man mich zuhause bittet, doch endlich mal wieder was anderes als Lebanon Hanover anzumachen, habe ich nun auch nicht erwartet.
Zurück zur Position. Ich würde gerne im Nachhinein einen zweiten 'ersten' Platz vergeben und damit ist diese Platte von einer der undankbaren Positionen, auf die höchste Stufe des Podestes gerutscht und teilt sich dort den Platz mit... Dazu später mehr ;)
Ging die erste Platte 'The world is getting colder' ebenfalls aus dem Jahr 2012 musikalisch an mir vorbei und war, ganz im Gegenteil, leicht genervt vom 'Totally tot'-Hype, erwischte mich diese Platte sofort mit dem ersten Lied 'Saddest Smile'. Diese Melancholie, Zebrechlichkeit und Sehnsucht, die man in dem Song hört, zieht sich durch das komplette Album. Ich kann den Weltschmerz förmlich spüren. Deutlich hören kann man auch die musikalische Entwicklung zwischen den beiden Alben. Der zweite track 'A very good life' lief dann gleich erstmal 5 mal hintereinander, bevor ich das Album weiter hörte. Ich war gefesselt. Der Song wurde auch relativ schnell in meine ewige Bestenliste aufgenommen und das heißt schon was.
Was mich an dieser Platte absolut fasziniert, ist diese Reduktion. Ich habe den Eindruck, daß jeder Ton, jeder Sound mit Bedacht gewählt worden ist.
Dadurch erhält jeder Beat, jedes Geräusch, der Bass, die Gitarre, die Stimme... eine enorme Wirkung (und vielleicht auch Bedeutung). Und auch hier wieder eine Frauenstimme, die mir gefällt. Mir wurde bereits Altersmilde diesbezüglich unterstellt. Larissa Iceglass hat aber auch eine einzigartige, prägnante und wunderschöne Stimme. Bei 'No one holds hands' erwartet uns die Stimme von William Maybelinne. Für solche Lieder habe ich einen Ordner auf dem Rechner, der sich '1A Gitarren Wave' nennt. Wobei ich sagen muß, daß dieser Song nicht sofort ein Liebling der Platte war, sondern es erst mit einigen Hördurchgängen wurde. Aber genau solche Songs liebt man dann meistens umso mehr.
Bei 'Somehow we'll get through this' sind die Drums bzw. der Beat das entscheidende, ebenso dieser schrubbelige Sound. Ansonsten ärgere ich mich, daß ich dieses Album nicht schon kannte, als sie kürzlich in Münster auftraten. Ich ärgere mich auch, daß es diese doofe überschneidung auf dem Grauzone Festival mit ChameleonsVox gab. Ja, auch hier möchte ich endlich auf ein Konzert. Vielleicht traue ich mich dann auch mal zu fragen, wie man auf die Idee kommt von Newcastle nach Bochum zu ziehen ;)
Beide Platten wurden mittlerweile übrigens bereits rereleased. Erstaunlich, wenn man bedenkt, daß beide Platten aus dem Jahr 2012 sind. Ausverkauft ist leider auch schon die 'Gallowdance' 7" von Lebanon Hanover aus dem Hause 'Aufnahme + Wiedergabe' in Berlin. Aber üben wir uns in Geduld und warten mal ab, ob es nicht auch hier ein Rerelase geben wird.

Anspieltipps: A very good life, No one holds hands, Somehow we'll get through this, Avalanche, Saddest Smile

Links:
Soundcloud
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Aufnahme + Wiedergabe
Fabrika Records

Haus Arafna: You (CD, 2010 Galakthorrö)

Ich staunte nicht schlecht, als die 'You' hier zum ersten Mal im CD-Player landete. Daß Haus Arafna sich immer mehr in Richtung analogen Minimal Synth Sound entwickelten, habe ich durchaus verfolgen können. Wir erinnern uns an 'Für immer' oder 'Satanas And Friends'. Daß sie es aber schafften, meine liebste Minimal-Platte 2010 hinzulegen (eigentlich sogar die Lieblingsplatte des Jahres ganz ohne Schubladendenken), hätte ich nun nicht erwartet.
Die Schlagwörter 'Angstpop', 'Kalte Welle' und 'Intensiv Elektronik' aus dem Galakthorrö Newsletter passen wie... ihr wißt schon.
Das Album ist ruhig und kalt, dabei aber auch gleichzeitig melodiös. Ich liebe diese analogen Sequenzen, all diese Geräusche (Rauschen, Zwirbeln, Pfeifen... alles dabei, was das Herz begehrt). Trotz der Kälte, die dieses Album ausstrahlt, fühle ich mich von den Sounds gefühlvoll eingenommen. Mit 'Alive Through Pain' sollten dann auch alle versöhnt sein, die in dem Album nach einer Fortsetzung des letzten Traumes von Jesus suchten. 'You', der Namensgeber des Albums, gehört ebenfalls zur krachigeren Sorte. Die Menschen, die dem Industrie-Charme gar nichts abgewinnen können, sollten sich 'You don't believe me', 'Lucifer', 'The woman you are' oder 'Independent' vom Album anhören.
'Independent' war auch der erste Track, der sich mir von diesem Album ins Hirn brannte. Besonders die Textzeile 'It's a freedom you brought, which no one needs' faszinierte mich.
Bei der nächsten Galakthorrö-Bestellung mußte dann auch eine eigene 'You' für mich mitbestellt werden. Für die Vinylausgabe kam ich leider schon zu spät. Schade, denn bei Platten und CDs gibt es bei mir kein 'aber es reicht doch, wenn wir die einmal hier haben'. Nein, tut es nicht. Dann bin ich mal gespannt, was uns auf der neuen 7" namens 'All I can give' erwartet, die nun gleich 2 mal bestellt wurde. ;)

Anspieltipps: Independent, Colony Collapse, You don't believe me, Lucifer, The woman you are, Judas Kiss

Links:
Galakthorrö
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